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Hintergründe zur Entwicklung von Falun Gong und dem entstehen der Vorurteile und der Verfolgung

Falun Gong ist mir ein wichtiges Thema und es ist ein gutes Beispiel für ein Thema das oft sehr mißverständlich erklärt wird, das mit vielen Vorurteilen behaftet ist und das keiner so recht zu erklären vermag. Daher ist dies ein relativ langer und ausführlicher Artikel, was leider in diesem Fall unvermeidlich ist, da man um das Thema richtig zu verstehen gewisse Vorkenntnisse über die historische Situation in China braucht.

Falun Gong bezeichnet sich selbst als ein QiGong (ähnlich wie Tai Chi) und von QiGong kommt auch das Wort „Gong“ in Falun Gong. Falun Gong sieht sich nicht als Religion, aber es ist auch nicht falsch es als eine neue religiöse Bewegung zu bezeichnen und so wird es im Westen oft als eine neue religiöse Bewegung angesehen. Ein veralteter und doppeldeutiger Begriff für neue religiöse Bewegung ist „Sekte“. Dieses letzte Wort hat eine zweite Bedeutung die sehr negativ ist, aber in Bezug auf Falun Gong ursprünglich gar nicht unbedingt negativ gemeint war. Da man Falun Gong aber eben durchaus als eine neue religiöse Bewegung bezeichnen kann, haben viele deutsche Akademiker vor allem in den 90er Jahren (als Falun Gong bekannt wurde) das Wort Sekte gleichbedeutend mit „neuer religiöser Bewegung“ verwendet ohne damit unbedingt etwas negatives zu meinen.

Mit der Zeit erhielt das Wort „Sekte“ aber im Volksmund einen immer stärkeren negativen Beigeschmack, gerade in Bezug auf scheinbar plötzlich auftauchende neue religiöse Bewegungen die in Deutschland noch keiner so richtig kennt. Dieser negative Beigeschmack wurde dann 1999 mit dem Beginn des Verbotes und der Verfolgung von Falun Gong durch die Kommunistische Partei in China wesentlich verstärkt.

Um diese Ereignisse besser zu verstehen muss man kurz auf den Hintergrund und die Geschichte von Falun Gong und nicht zuletzt auch China eingehen. China hat eine lange Geschichte von sagen wir mal spirituellen Dingen wie QiGong, Tai Chi, Taoismus, Kung Fu etc.. Im Gegensatz zu Religionen wurden viele dieser Dinge nicht ausschließlich in einer religiösen Umgebung überliefert, sondern meistens an abgelegenen Orten von einem Meister mündlich an einen einzelnen Schüler überliefert.

Als nach einem langen und brutalen Krieg zwischen der Kommunistischen Partei und der ursprünglichen Regierungspartei in China, schließlich die Kommunistische Partei die Macht ergreifen konnte, wurden als erstes Religionen verboten, Tempel zerstört und viele Mönche hingerichtet.

Karl Marx sagte: „Wir müssen alle vorherrschenden Vorstellungen über Religion […] bekriegen. Die Vorstellung über Gott ist der Grundstein für eine pervertierte Zivilisation. Sie muss zerstört werden.“

Die Kommunistische Partei in China nahm dies wörtlich. Die einzige Religion die nicht vernichtet wurde war die von den Kommunisten neu gegründete „Drei Selbst Kirche“ die Christentum, Buddhismus und Konfuzianismus etc. ersetzte und in der alle Geistlichen, Mitglieder der KP sein müssen und von der KP auserwählt werden. So ernennt die Kommunistische Partei in China bis heute ihren eigenen Papst, ihren eigenen Dalai Lama und ihren eigenen Imam.

Die von Mao gestartete „Kulturrevolution“ hatte genau das Ziel das der Name sagt, die alte, traditionelle Kultur Chinas zu zerstören und sie mit kommunistischer Kultur zu ersetzen. Aber Dinge wie QiGong, Tai Chi, Taoismus, Kung Fu etc. nahmen wie gesagt nicht unbedingt religiöse Formen an und waren auch nicht unbedingt ein sichtbarer Teil der Gesellschaft da sie eben oft an abgelegenen Orten und in privat an Einzelpersonen unterrichtet wurden.

Mitte der 80er und Anfang der 90er Jahre gab es in China eine kurze Phase in der wieder etwas mehr Freiheiten herrschten als dies sonst der Fall war und so wurden in dieser Zeit viele QiGong-Arten veröffentlicht die früher nur im geheimen überliefert wurden und so der Vernichtung während der Kulturrevolution entkommen konnten. Genau zu dieser Zeit wurde auch das chinesische Gesundheitssystem umgestellt. So das die KP viele der nun vermeintlich plötzlich auftauchenden QiGong Arten begrüßte, obwohl sie sie noch ein paar Jahre zuvor bitter verfolgt hätte. Aber nun betrachtete die KP QiGong als eine Art „Volkssport“ und begrüßte es sogar, da sie die Hoffnung hatte das körperliche Übungen sich positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken würden und somit dazu beitragen würden Chinas nun völlig überfordertes Gesundheitssystem zu entlasten.

So wurde in dieser Zeit auch Falun Gong das früher unter dem Namen „Falun Xiulian Dafa“ nur an einzelne Schüler gelehrt wurde, an die Öffentlichkeit gebracht. Falun Gong entwickelte sich durch Mundpropaganda und nicht zuletzt auch dank der Unterstützung der staatlich/kommunistischen Sportkommission selbst zu einem einem der beliebtesten QiGong dieser Zeit. Eigentlich könnte nun dieser Artikel beendet sein und eigentlich könnte nun alles gut sein, aber so war es nicht.

Um verstehen zu können was nun folgte, muss man die Kommunistische Partei verstehen.

„Die resultatlosen Metzeleien seit den Juni- und Oktobertagen, das langweilige Opferfest seit Februar und März, der Kannibalismus der Kontrerevolution selbst wird die Völker überzeugen, daß es nur ein Mittel gibt, die mörderischen Todeswehen der alten Gesellschaft, die blutigen Geburtswehen der neuen Gesellschaft abzukürzen, zu vereinfachen, zu konzentrieren, nur ein Mittel - den revolutionären Terrorismus!“ Karl Marx

„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern!“ Karl Marx

Kommunisten machen also keinen Hehl daraus das sie nur durch Gewalt, Terrorismus und durch Angst und Einschüchterung großer Teile der Bevölkerung an die Macht kommen können. Aber das Problem dabei ist das wenn man seine Macht auf der Angst der Bevölkerung aufbaut, die Bevölkerung auch ständig weiter eingeschüchtert bleiben muss, da man sonst sobald die Bevölkerung ihre Angst verliert, ständig Gefahr läuft seine Macht durch eine wirklich vom Volk ausgehende „Gegen-“ Revolution wieder zu verlieren.

Die Vorgehensweise das bestimmte Dinge nicht öffentlich weitergegeben werden, nicht niedergeschrieben werden und nur mündlich an auserwählte Personen weitergegeben werden, gibt es nicht nur in der chinesischen Kultur und in China allgemein, sondern auch innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas. Was ich gerade erwähnt habe ist ein solches ungeschriebene Gesetz innerhalb der KP Chinas. Unter den hohen Parteikadern ist diese Theorie das Gewalt nötig ist um Macht zu bekommen weit verbreitet. Nicht nur um die Macht der Kommunistischen Partei an sich aufrecht zu erhalten, sondern auch um in der Rangordnung innerhalb der KP nach oben zu steigen. So brachte Mao die Theorie heraus das regelrechte Vernichtungskampagnen wie die Kulturrevolution bei der große Teile der Bevölkerung hingerichtet werden, sich alle 7 bis 10 Jahre wiederholen sollen und nur dadurch die Bevölkerung weiter eingeschüchtert werden könne und man somit seinen Machterhalt garantiere.

Als hoher Parteikader befindet man sich ständig unter derartigen Machtkämpfen in denen Verfolgungskampagnen gegen bestimmte Teile der Bevölkerung genutzt werden um persönliche Macht zu gewinnen. Und man muss als Parteikader natürlich „am Ball bleiben“ und will lieber zu den Tätern gehören und lieber eine Verfolgungskampagne zu viel starten als eine zu wenig, da man sonst schnell selbst Angst haben muss zu den Opfern der nächsten „Säuberungskampagne“ zu gehören.

Tatsächlich war es auch so das seit dem die KP 1949 in China die Macht ergriff, tatsächlich alle 7-10 Jahre eine neue Klasse innerhalb der Bevölkerung zum neuen Klassenfeind erklärt und ausradiert wurde. Das waren manchmal sogar Klassen die davor oder danach vielleicht sogar als besonders lobenswert bewertet wurden. Es fing an mit der Hinrichtung der Kapitalisten die in Wirklichkeit eigentlich lediglich reiche Menschen waren die etwas mehr Geld hatten als andere. Und ging ein paar Jahre später dann weiter mit der nächsten Kampagne in der nun die Intellektuellen dran waren, dann kamen die Bauern (denen man ihre Felder wegnahm und die man einfach verhungern ließ), ein paar Jahre später kam die Kulturrevolution und nun waren die religiösen Menschen dran und etwa wieder 10 Jahre danach kam das Tiananmen Massaker in der diesmal die Studenten der „Staatsfeind“ waren gegen den man mit Panzern vorgehen „musste“.

Nun war 1999 und es waren also wieder 10 Jahre vergangen. Jeder Parteikader wußte was das nun bald die nächste Kampagne folgen wurde, die Frage war nur welche Bevölkerungsgruppe es diesmal treffen würde. Jeder war angespannt und jeder hohe Parteikader versuchte selbst die nächste Kampagne zu starten, da man sonst Gefahr lief selbst unter die Zielgruppe der nächsten Kampagne zu fallen.

Wenn die Bevölkerung körperliche Übungen macht findet die KP dies gut, aber körperliche Übungen sind ja nicht alles was zu Falun Gong gehört, sonst würde man es im Westen auch nicht eine „neue religiöse Bewegung“ nennen, sondern einfach als eine Sportart einstufen. Und so beinhaltet Falun Gong auch einige Dinge aus der klassischen chinesischen Kultur und dem Buddhismus wie Meditation, ein Glaube an Buddhas und der Glaube das schlechte Taten schlechtes Karma erzeugen etc..

Alles Dinge die zwar eigentlich nicht objektiv gesehen schlecht sind, die aber eigentlich auch zu Religionen gehören (welche in ihrer ursprünglichen Form ja bereits in der Kulturrevolution hätten beseitigt werden sollen) und die sich mit der atheistischen Ideologie der KP nicht vereinen lassen. Religionen wurden letzten Endes eben durch die kommunistische „Drei Selbst Kirche“ ersetzt wodurch die KP Kontrolle über alle noch verbliebenen Religionen erhielt und eben sogar die Oberhäupter und in manchen Fällen sogar die Götter dieser Religionen mit ihren eigenen Oberhäuptern ersetzte. Da Falun Gong in dem Sinne aber auch wiederum keine Religion war, funktionierte diese Vorgehensweise bei Falun Gong nicht so recht. Es gab bei Falun Gong eben keine Kirchen oder Tempel die man hätte abreißen können und keine Priester die man hätte austauschen können. Die Menschen machten morgens die Falun Gong Übungen in öffentlichen Parks und gingen dann zu ihrer normalen Arbeit in staatlichen Fabriken. Es gab äußerlich nichts das sie von andern Menschen unterschied und viele Falun Gong Anhänger waren sogar selbst in der Kommunistischen Partei. Das einzige was sie wirklich unterschied war die Ideologie nach der sie sich richteten und die sich mit den Wörtern „Zhen, Shan Ren“ (zu deutsch etwa: Ehrlichkeit, Mitgefühl und Toleranz„ zusammenfassen läßt. Eine Ideologie die zwar nicht objektiv gesehen schlecht ist, die sich aber mit der Ideologie des Klassenkampfes der KP absolut nicht vereinen läßt. Zumindest war das die Auffassung der KP und so hieß es z.B. als Falun Gong im Juli 1999 von der Kommunistischen Partei verboten wurde in der kommunistischen „Volkstageszeitung“ (Renminribao) der größten Zeitung Chinas:„Die von Falun Gong gepredigten Prinzipien von 'Ehrlichkeit, Mitgefühl und Toleranz' haben nichts mit der sozialistischen Ethik und dem wirtschaftlichen Fortschritt nach dem wir streben zu tun.“ „Idealismus und Theismus stehen im absoluten Widerspruch zu den grundlegenden Theorien des Marxismus. Der Kampf gegen Falun Gong ist ein Kampf zwischen Theismus und Atheismus, zwischen Aberglauben und Wissenschaft und zwischen Idealismus und Materialismus!“

Es ist vielleicht für Leute „im Westen“ schwer zu verstehen, aber der Punkt ist das die Kommunistische Partei eben eine Organisation ist die den Menschen vorschreibt an was sie zu glauben haben und was nicht und nach welcher Ideologie sie sich zu richten haben und nach welcher nicht. Und theistische Ideologien stehen eben tatsächlich im Widerspruch zu der atheistischen Ideologie der Kommunistischen Partei. Sie verstehen es nicht und können es nicht kontrollieren. Und sie haben aber eine Art zwang alles zu kontrollieren und somit war klar welche Kampagne nun die nächste ist und welche Bevölkerungsgruppe als nächstes zum Klassenfeind erklärt wird.

Über die eigentliche Verfolgung und über die spezifischen Inhalte von Falun Gong sage ich jetzt nicht viel, sonst wird der Artikel zu lang und diese Dinge kann man auch wo anders nachlesen. Ich wollte nur auf den Hintergrund eingehen um die Frage zu beantworten die viele Deutsche nach dem lesen anderer Artikel oft noch haben, nämlich die Frage nach dem Hintergrund und wie und warum es nun genau zu dem Verbot und der Verfolgung von Falun Gong kam in deren Folge unzählige Menschen in Arbeitslagern zu Tode kamen. Viele Leute können sich nicht vorstellen wie es dazu kam, eben weil sie sich nicht vorstellen können wie das politische Klima in China zu der Zeit war.

Nun nochmal zurück zu dem was ich am Anfang gesagt habe. Als nun Falun Gong von der KP verboten und verfolgt wurde, musste die KP ihre Handlung ja irgendwie rechtfertigen. Ein paar Auszüge aus Artikeln kommunistischer Zeitungen habe ich ja bereits zitiert. Diese Art von Argumentation war die „Rechtfertigung“ für die Verfolgung für die chinesische Bevölkerung. Und für Chinesen die unter der KP aufgewachsen sind macht diese Rechtfertigung Sinn und ist auch Rechtfertigung genug. Jeder in China weiß das was auch immer im Widerspruch zu dem Kommunismus steht, das ist der Klassenfeind und der Klassenfeind muss vernichtet werden, so ist nunmal die Regel im Kommunismus. Aber wie rechtfertigt man die Verfolgung international? Was werden andere Länder dazu sagen? Die Mehrheit der Bevölkerung anderer Länder sind keine Kommunisten, sie können eine derartige „Rechtfertigung“ nicht verstehen und werden es nicht gut heißen. Also braucht man international eine andere Rechtfertigung.

Und so wurden unzählige Horrorgeschichten fabriziert nach denen Falun Gong eine Art totalitäre Organisation sei, die den Menschhen Freiheit verspreche und die gut tue, die die Menschen aber in Wirklichkeit finanziell und physisch ausbeuten würde und deren Anführern es nur um Macht ginge etc.. Und zu dem Zeitpunkt kannte im Westen niemand Falun Gong, also übernahmen viele westliche Medien die verleumderischen Informationen über Falun Gong die sie von der Kommunistischen Partei erhielten und die zum Ziel hatten die Verfolgung zu rechtfertigen.

Für jedes Land wurde die Propaganda entsprechend angepaßt. So war Falun Gong in China eine „ketzerische Organisation“ und „Feudalismus“ (was in China beides sehr negative Hasswörter sind). In den USA behaupteten die chinesischen Botschaften Falun Gong wäre ein „Cult“ (was wiederum in den USA eine sehr negative Bedeutung hat). Und in Deutschland war es besonders leicht, denn dort brauchte die KP lediglich zu behaupten Falun Gong wäre eine Sekte. Welcher Begriff auch immer in dem jeweiligen Land negativ geprägt war, dieser Begriff wurde von der KP verwendet um Falun Gong zu beschreiben.

Und Sekte ist eines dieser Begriffe gegen die man sich nicht wehren kann, eben weil er doppeldeutig ist. Eine religiöse Bewegung, auch wenn sie über keinerlei Strukturen verfügt und kein Geld verlangt und egal wie friedlich sie ist, könnte vor Gericht nicht leugnen das sie eine „Sekte“ ist, da das Gericht nicht nach der umgangssprachlichen Bedeutung des Wortes geht sondern nur nach der ursprünglichen Bedeutung nach der das Wort Sekte eben nichts anderes als „neue religiöse Bewegung“ bedeutet. Und eine religiöse Bewegung kann schließlich nicht leugnen das sie eine religiöse Bewegung ist, genausowenig wie ein Jude leugnen könnte das er ein “Jud„ ist.

Für weitere Details, siehe auch:

Falun-Gong

Verfolgung von Falun Gong

Inhalte von Falun Gong

Mißverständnisse und Vorurteile über Falun Gong

Hintergund zu Falun-Gong und der Verfolgung (detaillierter)

Organentnahmen an Falun Gong-Häftlingen

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