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Gegenlicht ist der 2020 erschienene zweite Roman des Musikers, Spieleentwicklers und Schriftstellers Patrick Wunsch. Er handelt von einer idealistischen Streberin und einem überschwänglichen Mädchen aus gutem Hause, die sich zunächst bei Ausflügen ins Nachtleben, dann auf einer gut organisierten und konzipierten Reise quer durchs Land kennenlernen. Die Mädchen inspirieren einander, finden Interesse am gegensätzlichen Lebensstil, entwickeln sich weiter – und schießen am Ende übers Ziel hinaus.

Handlung

März. Die neunzehnjährige Romi verbringt ihre Zeit mit Vorbereitungen fürs Abitur und einem Nebenjob in der antiquierten Kneipe ihrer Ex-Stiefmutter. Novalie, ein Mädchen aus gutem Hause, hat andere Vorstellungen von Erfüllung: Zum Leidwesen ihrer Eltern, insbesondere ihres Vaters, bevorzugt sie exklusive Diskotheken, Partys und One-Night-Stands. Als sie sich eines späten Nachmittags vor einem Schneesturm in die Kneipe flüchtet, lernt sie Romi kennen.

Obwohl sich die Abiturientin und Kellnerin nicht nur mit der Einfachheit ihrer Existenz abgefunden hat, sondern darin ein Privileg zu sehen beginnt, kann Novalie das schöne Mädchen nicht dem Schicksal eines monotonen Lebens überlassen. Ein gemeinsamer Tanzabend soll Romi helfen, das Potenzial, das in ihr schlummert, zu entfalten. So leicht aber lässt sich Romi nicht vom rechten Weg abbringen. Auch ein zweiter Versuch, sie bei einem Rockkonzert und anschließend in der Wohnung des attraktiven Künstlers Elias mit den Reizen nächtlicher Ausschweifungen vertraut zu machen, scheitert.

Eine junge Frau namens Rahel – Novalies Vertraute, Angestellte der Familie und begabte Organisatorin – wird zur Konzeption einer Reise beauftragt, durch die Romi vielleicht noch aus der Reserve zu locken ist. Mit von der Partie ist Elias. Man besucht Novalies Großmutter in ihrem Anwesen, erfährt, wer im Hintergrund die Fäden zieht, um den Frieden der Gesellschaft zu wahren, und übernachtet in einer verschneiten Berghütte. Die Reise erfüllt ihren Zweck, allerdings zu gut: Während Novalie und Elias sich mit der Erfindung eines sinnlichen, doch vergleichsweise harmlosen Kartenspiels beschäftigen, sammelt Romi mehr praktische Erfahrungen, als man ihr je zugetraut hätte. Nach handfestem Streit verbringen Romi und Novalie die Zeit in einem namhaften Luxushotel getrennt voneinander.

Essenziell verändert kehren die Mädchen nach Hause zurück. Ihr bisheriger Lebensstil erscheint sowohl Romi als auch Novalie nun als Irrtum. Während die eine auf die Möglichkeit zur Sühne hofft, findet die andere sich damit ab, dass Reinheit und Unschuld unwiederbringlich verloren sind. Da es für jede Ambition zu vollständiger Tugendhaftigkeit zu spät ist, wendet sie sich neuen Abenteuern zu.

Figuren

Romi Morgenroth

Streberin mit Nebenjob, die nicht viel von Abenteuern hält, sich von Novalie jedoch nicht nur vom Experiment der Reise überzeugen lässt, sondern auch von einer libertinen Lebenseinstellung. Sogar mit den Konsequenzen eines bitteren Fauxpas scheint sie erstaunlich gut leben zu können.

Novalie von Hardenberg

Jüngster Spross der nicht unbetuchten von Hardenbergs. Temperamentvoll und geprägt von den Ansichten ihres kauzigen älteren Bruders, kann sie Sitte und Anstand wenig abgewinnen. Erst durch Romi stellt sie die hedonische Lebensweise in Frage und reagiert sogar erstaunlich heftig auf das anscheinend kurzentschlossene Sex-Debüt ihrer moralisch sonst so vorbildlichen neuen Freundin.

Elias Düring

Eloquenter Künstler, der aufgrund eines Missverständnisses Bekanntschaft mit Novalie und Romi macht und zur Reise eingeladen wird. Hält sich mit seinen politischen und philosophischen Ansichten nicht zurück, was mannigfach Anlass zur Diskussion bietet.

Rahel Wagner

Programmiererin, Organisatorin, Chaffeurin. Mag mit legerem Kleidungsstil und Tätowierungen auf den ersten Blick nicht so wirken, hat jedoch das Leben der von Hardenbergs bestens im Griff. Auf Wunsch ihres besonderen Schützlings Novalie plant und begleitet sie die Reise.

Palina

Als Elias' Freundin auf Zeit sorgt sie im Leben des Künstlers für die notwendige Ordnung. Dem Anschein nach ein liebes und ehrliches Mädchen, folgt Palina einer Agenda, die vielleicht gut gemeint ist, doch besser ein Geheimnis bleibt.

Thema und Stil

Gegenlicht handelt von Schatten der Vergangenheit und Lichtblicken in die Zukunft. Das Helle zieht uns an, denn es bietet dem darin Wandelnden Orientierung und schafft Klarheit. Wer aber aus der Distanz gegen ein starkes Licht blickt, wird geblendet und sieht das vor ihm Liegende nur in Umrissen.

Licht und Schatten zeigen sich auch in Struktur und Stil des Romans. Abwechselnd erfährt der Leser die Geschichte aus Sicht von Romi und Novalie, mal in poetischer Beschreibung, mal in provokanter Bemerkung. Illustriert werden Welt und Zeitgeist, die dem moralischen Urteil der Figuren zugrunde liegen, durch politische, philosophische und wissenschaftliche Diskussionen.

Weder Licht noch Dunkelheit, so die Moral der Geschichte, sollten das Leben allzu sehr ausfüllen, denn verloren ist man in beiden Fällen. Novalie und Romi können dort kein Glück finden, wo sie es bisher gesucht hatten, und werden sich doch ebenso wenig die moralischen Ansichten der jeweils anderen zueigen machen können. Zwischen genetischer Disposition, Erziehung, Erfahrung und Willenskraft bleibt der menschliche Geist zwar veränderlich, doch in Grenzen. Jeder sollte sich nahe der schattengesprenkelten Lichtungen aufhalten, auf denen er sich ehrlicherweise am wohlsten fühlt.

Entstehung

Schon während der Arbeit am Debütroman Zeichen von Herbst hatte Patrick Wunsch zahlreiche Ideen für das nächste Projekt. Von Anfang an als Komplementärwerk konzipiert, sollte Gegenlicht – das zu dieser Zeit den Arbeitstitel Romi & Nova trug – thematisch, stilistisch und strukturell in einigen Punkten dem Vorgänger gleichen, in anderen deutlich abweichen, sodass sich Fokus und Spektrum des literarischen Schaffens des Autors in diesen ersten beiden Veröffentlichungen zeigen würden.

Nachdem Zeichen von Herbst am 21. Januar auf den Markt gebracht wurde, folgte Gegenlicht als Alternative und Ergänzung genau drei Monate später, also am 21. April.

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