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Ingenieurwissenschaften

Ingenieurwissenschaften, diejenigen Wissenschaften, die sich mit der Konstruktion und Herstellung von Produkten, Anlagen und anderen technischen Erzeugnissen beschäftigen und dabei naturwissenschaftliche Erkenntnisse praktisch in einem industriell-rationellem Umfeld anwenden. Die klass. I. sind das Bauingenieurwesen, der Maschinenbau und die Elektrotechnik.

Zwischen diesen klass. Fächern untereinander sowie zu angrenzenden Wissenschaften besteht ein weites Feld für Überschneidungen, in denen sich Mischfächer herausbilden, so in jüngerer Zeit bspw. die Feinwerktechnik, Mechatronik, Chemieingenieurwesen, Wirtschaftsingenieurwesen etc. Noch keine eindeutige Zuordnung gefunden hat die Informatik im Spannungsfeld zwischen ihren umfängl. mathemat. Grundlagen und ihrer ingenieursmäßigen Anwendung.

Selbstverständnis

Die I. verstehen sich als angewandte Wissenschaften. Es wird auch in großem Ausmaß Grundlagenforschung betrieben, aber das Hauptaugenmerk liegt letztlich auf der prakt. Umsetzung naturwissenschaftl. Erkenntnisse bei der Realisierung techn. Erzeugnisse zum Nutzen der Menschen. Ingeniermäßiges Handeln ist strukturiertes Vorgehen zur Erzielung bestmöglicher Ergebnisse im Rahmen limitierter Resourcen, insb. von Zeit, Personal, Material und letztlich Kapital.

Die I. erheben dabei nicht den Anspruch, eine exakte Wissenschaft im eigentlichen Sinne zu sein: Zu viele der Grundlagen, die bei der prakt. Anwendung von Naturwissenschaften auftreten, sind in ihrer Kombination zu komplex, um exakt berechnet werden zu können. Daher versuchen die I., praktikable Verfahren zu finden, um die techn. Vorgänge sicher zu beherrschen. In der Regel geschieht dies dadurch, dass zu komplexe Aufgaben durch Annahmen vereinfacht werden, wobei sichergestellt wird, dass man bei den Annahmen „auf der sicheren Seite“ bleibt. Zudem bemüht man sich, durch zusätzliche Sicherheitsfaktoren bei den Berechnungen Unwägbarkeiten vorzubeugen.

Grundlegend gewandelt haben sich die I. durch die weite Verbreitung der Computer. Versuche, mit denen in der Vergangenheit die konstruktiven Annahmen überprüft werden mussten bzw. die Daten für die Konstruktion lieferten (etwa die Festigkeit eines Stahlträgers), werden heute in großem Maße numerische Simulation am Computer ersetzt.

Ausbildung und Fächerkanon

I. werden in Deutschland primär an Universitäten und Fachhochschulen gelehrt. Die Studiengänge schließen klassischerweise ab mit einem mit einem Diplom (Universität) bzw. Fachhochschuldiplom. Seit dem Beginn des Jahrhunderts werden verstärkt auch Bachelor- und Master-Studiengänge angeboten. In Österreich kann z.T. auch mit einem Magister abgeschlossen werden. Bis zu ihrer Ablösung durch die Fachhhochschulen in den frühen 1970er Jahren waren Ingenieurschulen verbreitet, die als Abschluss den sog. graduierten Ingenieur (Ing. Grad.) verliehen. Heute sind einige Berufsakademien in der Ingenieursausbildung tätig.

Ca. 11% der Studierenden an Universitäten, ca. 39% der Studierenden an Fachhochschulen sind an ingenieurwiss. Fakultäten eingeschrieben. Der Frauenanteil ist noch immer gering und liegt je nach Studiengang zwischen 5% und 30%.

Grundlagen

Die Mathematik ist wichtigstes Grundlagenfach der I. Viele Probleme insb. aus dem Bereich der Mechanik erfordern zumindest prinzipiell das Lösen komplexer Gleichungssysteme. Zum Verständnis der theoret. Grundlagen aller I. ist erforderlich, insb. die Integral- und Differentialrechnung und der Umgang mit Differentialgleichungen unabdingbar. Für die Praxis sind dagegen mathemat. Fähigkeiten, die über überschlagsweise Berechnungen hinausgehen, kaum mehr von Belang. Bereits in der Vergangenheit wurde häufig mit Tabellenwerken oder grafischen Lösungsmethoden gearbeitet. Heute werden in den I. fast alle Berechnungsaufgaben von Computern übernommen (für die Entwicklung der entsprechenden Software sind die mathemat. Fähigkeiten dann wieder von Nöten).

Neben der Mathematik sind die I. eng an die Physik angebunden. Auch die Chemie (z. B. im Werkstoff- und Baustoffbereich) oder die Geologie (im Bereich des Bauingenieurwesens) steuern Grundlagen bei.

Auf diesen naturwissenschaftl. bauen die ingenieurwissenschaftl. Grundlagenfächer auf. Hier wären insbesondere die Mechanik (mit den Teilbereichen der Statik und Dynamik) zu nennen, die angewandte Thermodynamik und die Elektrotechnik. Dazu gesellen sich methodenorientierte Grundlagenfächer wie beispielsweise die Konstruktionslehre, sowie ergänzendes Basiswissen aus der Betriebswirtschaft und Informatik.

Bauingenieurwesen

Das Bauingenieurwesen beschäftigt sich mit der techn. Realiserung von Gebäuden. Während die Architektur die kreativ-künstler. Aspekte des Bauens betont, fokussiert das Bauingenieurwesen die konkrete Umsetzung. Im weitesten Sinne umfasst es die Grundlagenfächer Mechanik, Strömungslehre, Festigkeitslehre, Baustoffkunde. Fachrichtungen sind im wesentl. Hochbau, Konstruktiver Ingenieurbau, Geotechnik, Wasser und Umwelt, Verkehrswesen, Baubetrieb und Bauwirtschaft sowie Bauinformatik.

Maschinenbau

Der Maschinenbau beschäftigt sich im wesentl. mit allen techn. Produkten, bei denen die Bewegbarkeit ein wesentlicher Seinsbestandteil ist. Grundlagenfächer sind hier Mechanik, Festigkeitslehre, Werkstoffkunde, Thermodynamik, Strömungslehre, Konstruktionslehre, Regelungstechnik (einschl. Steuerungstechnik), Messtechnik und zunehmend bedeutsam auch elektronische Datenverarbeitung. Aus der Kombination vertieften Grundlagenstudiums und Kernfächern wie insb. Maschinenelemente, Maschinendynamik, Fluidenergiemaschinen, Wärmekraftmaschinen (speziell Strömungsmaschinen und Kolbenmaschinen), Verfahrenstechnik und Apparatebau sowie Fluidantrieben ergeben sich unterschiedliche Fachrichtungen, im wesentl. sind hier zu nennen Anlagenbau und Verfahrenstechnik, Energietechnik, Klimatechnik, Fertigungstechnik, Fördertechnik, Kraftfahrzeugtechnik sowie Luft- und Raumfahrttechnik

Elektrotechnik

Die Elektrotechnik beschäftigt sich mit denjenigen Produkten, deren Funktion im weitesten Sinne vom Fließen elektr. Ströme bestimmt ist. Aus den Grundlagenfächern Bauelemente, Netzwerke, Theoretische Elektrotechnik, Technische Informatik entwickeln sich auf Basis von Analogtechnik, Digitaltechnik, Elektronische Bauelemente, Elektrische Maschinen und Antriebe, Leistungselektronik, Hochspannungstechnik, Mechatronik die groben Fachrichtungen der Elektronik, Energietechnik, Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik.

Wichtige Sonder- und Grenzbereiche

Als wichtige Sonderbereiche der I. sind zu nennen die Feinwerktechnik/Mechatronik, die physikalische Technik, die Geodäsie, die Bergbauwissenschaften, die Medizintechnik, die Chemietechnik, die Stadt- und Raumplanung, und das Wirtschaftsingenieurwesen.

Literatur

  • W. Beitz, K.-H. Küttner (Hrsg.): Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau
  • Horst Czichos, Manfred Hennecke (Hrsg.): Hütte: Das Ingenieurwissen

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